Legion: Marvels Mutanten-Mindfuck

Legion: Marvels Mutanten-Mindfuck

Ein Zwischenbericht nach 5 Folgen

Die Landschaft der Comicadaptionen hat sich verändert. Zwar gab es schon die ein oder andere nicht-jugendfreie Verfilmung wie „Blade“ oder „The Punisher“, jedoch waren diese eher Ausnahmeerscheinungen zwischen Blockbustern wie den X-Men oder den Avengers und ihren Ablegern. Erst seitdem sich Marvel mit Netflix zusammengetan und Fox sich nach langem Warten endlich an Deadpool herangetraut hat, sind R-rated Superhelden auch wirklich geschäftsfähig geworden. Zuletzt hat Fox mit Logan bewiesen, dass nicht bloß kindgerechte Verfilmungen die Kassen klingeln lassen können. Zwischen all den aktuell vorhandenen „harten“ Filmen und Serien sticht nun eine ganz besonders heraus.

Coverbild der Realserie Legion von FOX
© FOX

Grüße aus dem Kuckucksnest

Legion ist ein wahres Brett von einer Serie. Mindfuck par excellence. Zu Beginn noch anmutend wie ein humorvoller Actionthriller in Psychiatrieathmosphäre mit Superkräften entwickelt sich alles recht schnell ganz anders.
Im Zentrum steht David Haller, den Comicleser auch als den mit gottgleichen Kräften ausgestatteten Sohn des X-Men-Gründers Prof. Charles Xavier kennen dürften. In Legion beginnt David seine Geschichte
 
 
als Psychiatriepatient. Zwar wechselt der Schauplatz der Handlung bald, jedoch ändert das nichts daran, dass sich die ganze Serie auch weiterhin wie ein Besuch in einer Irrenanstalt anfühlt.

12 Monkeys trifft Bollywood

Der Protagonist ist mit seinen Fähigkeiten zu Beginn völlig überfordert und die Gefühle und scheinbaren Psychosen, die er erlebt, werden dem Zuschauer durch gezielte Schnitte, Bilder und Sequenzen teilweise so intensiv verdeutlicht, dass auch dieser sich bald durch das oft wilde Durcheinander aus Handlung und gestörtem Seelenleben überfordert fühlen könnte. War eine Bollywood-Tanzsequenz anfangs noch recht nett anzusehen, um Davids Verliebtheit darzustellen, so werden spätere Bilder immer finsterer und intensiver. Nun lernen der Zuschauer und David aber nicht nur diesen selbst mit der Zeit immer besser kennen, sondern man trifft auch auf weitere Mutanten, Psychopathen und teilweise noch sehr unergründliche Charaktere.

Definitiv kein Kinderkram

Was ist es nun, was Legion so einzigartig und sehenswert macht? Es gibt zwar die ein oder andere Komik, dennoch ist der Humor hier kein Muss und wenn er vorkommt, dann fast nur kohlrabenschwarz. Auch Action und Spannung sind vorhanden, jedoch herrscht hier manchmal ein zu großes Durcheinander, als dass man einem echten Spannungsbogen wirklich folgen könnte. Das soll nicht heißen, dass die Handlung nicht nachvollziehbar ist, es ist ganz einfach stellenweise schwierig ihr zu folgen. In diesem Fall bedeutet das jedoch nicht unbedingt etwas schlechtes. Es heißt einfach, dass Legion nicht bloß aufgrund von Gewalt und albtraumhaften Visionen relativ ungeeignet für Kinder ist, sondern auch, weil die Serie auch für erwachsene Gemüter sehr anspruchsvoll sein könnte.

 

Der Mutant Legion (David Haller) ist bekannt für seine vielen Persönlichkeiten
© Marvel Comics

Ich suche nach 5 Folgen noch immer einen passenden Vergleich und das bisher treffendste wäre wohl zu sagen, dass es sich anfühlt, als wäre Legion das Ergebnis eines richtig üblen Hassf*%ks zwischen Stanley Kubrick und Stan Lee, die das daraus resultierende Kind David Lynch zur Aufzucht überlassen haben. Die Serie ist schlichtweg ein richtig böser Mindfuck mit nicht zu leugnenden ästhetischen Qualitäten, charismatischen Darstellern und einer Geschichte, die nichts zugunsten von Effekthascherei zu schnell offenbart oder erzwungene Nebenhandlungen hervorbringt und trotzdem interessant und fesselnd bleibt.Trotz der sich oft nur langsam und verworren vortastenden Handlung hatte bisher jede Folge etwas, was man nicht verpassen will. Obwohl mancher Comicleser eigentlich darauf wartet, dass David endlich sein volles Potential entfaltet und seine gottgleichen Kräfte zu nutzen lernt, ist der Weg dahin weit von langweilig entfernt. Die Serie fordert definitiv ein höheres Maß an Konzentration als es die meisten Genrekollegen tun, jedoch ist gerade dieses perplex Durchgeknallte das, was Legion so einzigartig macht. Es ist gerade diese ungewöhnliche Art der Erzählung, die Legion so aus der Superheldenlandschaft herausstechen lässt und die Serie jetzt schon als Kultmaterial auszeichnet.