Doctor Doom war im Laufe seines Lebens so einiges. Krimineller, Magier, Alchemist, Erzfeind der Fantastischen Four und zuletzt Gottkönig über Battleworld. Das das Marvel-Universum in seiner heutigen Form existiert ist ihm und seinem brillianten Verstand zu verdanken. Doch was macht es mit einem, der sein Leben lang auf der Suche nach unendlicher Macht war, wenn er diese tatsächlich erlangt. Helden wie den Avengers oder den Fantastic Four ist war es bisher zu verdanken, dass es nie dazu kam. Doch dann kamen die Beyonder und ihr perfider Plan, das Multiversum auszulöschen, womit sie die gesamte Marvel NOW Phase vereinnahmten um letztlich in dem Mega-Event Secret Wars zu enden. Wer den Ursprung des „brandneuen Marveluniversums“ noch nicht kennt, sollte das tunlichst nachholen. Nicht nur, weil es eine fantastische Story ist, sondern weil es viel über das Wesen des grausamen Despoten Latverias offenbart.
Marvels Star-Autor Brian Michael Bendis zeigte in der Miniserie „Infamous Iron Man“, die hier von Panini in einem Paperback veröfftlicht wurde, was er am Besten kann. Gedankenwelten einzelner Figuren beleuchten und mit ihnen arbeiten. Dabei reiht er sich im Zuge des All-new Universums perfekt in die kontrovers diskutierten Veränderungen, wieLady Thor oder den Multimillionär Peter Parker ein.
Doch die Prämisse, die Bendis sich hier vornimmt könnte spannender und philosophischer nicht sein. Doctor Vincent von Doom, einer der ruchlosesten und durchtriebensten Charaktere, der je in einem Comic auftrat, ist zugleich eine höchst spannende Figur mit langer Geschichte. Comicfans erinnern sich noch daran, dass er einst seine erste und einzige Liebe grausam opferte um an mehr magische Macht zu gelangen. Nur einer von vielen Gründen, die die bestialische Natur des Mannes offenbaren, den so viele fürchten.
Ich war Gott. Ja, aber es erfüllte mich nicht. Ich war uneins mit dem Universum, nicht zufrieden.
Als die Realität also wieder hergestellt wurde, zog er hinaus in die Welt und suchte eine neue Bestimmung. Denn wie er in seiner Zeit als Gottkönig erkennen musste, war sein lebenslanges Bestreben nach neuer und unerschöpflicher Macht ein Irrtum. Man könnte beinahe von einer Midlife-Crisis sprechen, denn als Tony Stark in Folge des zweiten Superheldenkrieges (Civil War II) in einen katatonischen Zustand fiel, sah Doom darin einen Wink des Schicksals und füllte die Lücke, die sich auftat. Er dachte, seine speziellen Fertigkeiten, sein Verstand und das Wissen um die Interna des Unterwelt, wären genug, die Seiten zu wechseln und fortan ein Held zu sein.
Natürlich stößt der ungewöhnliche Held mit seiner neuen Berufung nicht auf Gegenliebe. Ganz im Gegenteil, denn während sein einstiger Widersacher Ben Grimm, alias Das Ding, der inzwischen ein Agent von S.H.I.E.L.D. ist, alles daran setzt, Doom endlich zu fassen, verdichten sich auch in der Unterwelt die Fronten gegen den neuen Iron Man. Man könnte fast sagen, dass „Einer gegen den Rest der Welt“-Prinzip wurde hier wunderbar von Bendis umgesetzt ohne dabei aufgesetzt, gezwungen oder kalkuliert zu wirken. Selbstverständlich handelt es sich um ein Zwischenspiel und keine finale Dauerlösung, aber die Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein Schurke dieses Kalibers, einen der größten Helden der Erde beerben kann, ist hier vollends gelungen. Rollentausch wirkt wie ein bebildertes Gedankenexperiment, dessen größter Nachteil darin zu liegen scheint, dass er den Wunsch nach einer Rückkehr der Fantastic Four so unermesslich erhöht.
Bewertung
Story: 9/10 ● Zeichnungen: 8/10
Gesamt: 9/10
Erstveröffentlichung
21.11.2017
Format
Softcover
Seiten
140
Autoren
Brian Michael Bendis
Zeichner
Alex Maleev
Storys
Infamous Iron Man 1-6