[Achtung: Unsere Kritik ist spoilerfrei! Ihr erfahrt nicht mehr, als ihr bereits aus den Trailern wisst.]
Netflix´ Marvel Serien sind eine Sache für sich. Iron Fist und Luke Cage standen nach ihrer Veröffentlichung mächtig in der Kritik. Vor allem Iron Fist wurde von Kritikern und Fans förmlich zerrissen. Es gab allerdings auch Fans, die die Serie über die unsterbliche Waffe aus K´un Lun feierten. Nachdem die Defenders im Sommer diesen Jahres aufeinander trafen und von Kritikern, Fans und auch von mir persönlich positiv aufgenommen wurden steht jetzt der Punisher vor der Tür. Wir durften den Vollstrecker bereits in der 2ten Daredevil Staffel bewundern. Schauspieler Jon Bernthal verkörperte den Vigilanten Frank Castle wahnsinnig gut und stellte ihn absolut Comic-akkurat da. Als Netflix und Marvel Television einige Monate später eine eigene Punisher Serie angekündigt haben, schlugen Nerd Herzen höher. Schauspieler wurden gecastet, die Produktion begann und die ersten Bilder und Trailer wurden veröffentlicht…
Wie einige von euch bereits mitbekommen haben, durften wir alle 13 Episoden der ersten Punisher Staffel vorab sehen. Die Trailer und Teaser haben allerdings schon einen kleinen aber feinen ersten Eindruck gegeben. Als ich den ersten Trailer sah, schoss mir sofort folgende Frage durch den Kopf „Werden wir einen Verschwörungsthriller mit politischen Elementen sehen oder den Punisher, den wir aus den Comics kennen? Mit brutaler Action, skurrilen Nebencharakteren und Mafiosis?“ Wusstet ihr, dass Marvel´s The Punisher auf Wikipedia unter die Genres „Action, Conspiracy thriller und Crime drama“ eingestuft wurde? Nein? Genau hier liegt das Problem.
Nachdem die erste Episode der Serie ziemlich gut startet, wir typische Punisher Action erleben und auch einige Easter Eggs aus den Comics finden, flacht die Serie völligst ab. Bereits in der zweiten Episode weiß auch jemand der sich überhaupt nicht mit den Comics auskennt, wohin die Reise geht. Dies ist ein sehr großes Problem der Serie. Alles, aber auch wirklich alles ist absolut vorhersehbar. Von der ersten bis zur letzten Folge. Die Serie wird künstlich in die Länge gezogen und es werden absolut sinnfreie Nebenstorys erzählt mit uninteressanten und öden Charakteren. Man hat das Gefühl, die Produzenten hätte nicht genügend Stoff für die Story gehabt um 13 Episoden zu füllen. Die Serie scheint ein Versuch zu sein, Projekte wie 24 oder Homeland zu kopieren. Dies führt dazu, dass der Punisher mehr oder weniger keinerlei Bezug zu Marvel oder dem Punisher hat. Man hätte die Serie umbenennen können und niemand hätte gemerkt, dass es sich hierbei um den Punisher handelt. Einige kleine Easter-Eggs aus den Comics werden die Leser unter euch erkennen. Im Großen und Ganzen versucht Marvel´s The Punisher etwas zu sein, was es nicht ist. Auch versucht die Serie der US-Amerikanischen Gesellschaft einen Spiegel vor´s Gesicht zu halten. Waffengesetze, Whistleblower, Veteranen. Alles sehr ernsthafte Themen, die in vielen Filmen und Serien bereits thematisiert wurden. Auch in der Punisher Serie wurde dies thematisiert, aber eindeutig zu viel und zu oft. Den US-Amerikanischen Kritikern dürfte dies gefallen. Aber dem Rest der Welt könnte dies nach einer gewissen Zeit auf die Nerven gehen.
Schauspieler Jon Bernthal muss ich mit dieser Kritik allerdings verschonen. Er ist nach wie vor der beste Frank Castle, den wir in einer Punisher Verfilmung sehen durften. Er zeigt fantastische schauspielerische Fähigkeiten und nach seiner Darstellung des Punisher in der zweiten Staffel von Marvel´s Daredevil hatte ich sehr große Vorfreude aber auch Erwartungen an die Serie. Vielmehr scheint die schlechte Umsetzung an dem Showrunner Steve Lightfoot zu liegen, der bekannt für die Hannibal Serie ist. Er wollte die Psyche des Vigilanten erforschen, was natürlich eine super Sache ist, jedoch wurde der Fokus viel zu sehr darauf gelegt. An einigen Stellen hätte ich mir den klassischen Vollstrecker gewünscht, der sein Ziel verfolgt und den bösen Buben Feuer unterm Hintern macht. Dies erleben wir tatsächlich jedoch nur in wenigen Action-Szenen gegen Ende der Serie.
Fazit: Ich persönlich sehe mich nicht als klassischen Film- oder Fernsehkritiker. Ich bin ein Comic-Nerd mit viel Wissen über das Marvel Universum. Ich akzeptiere jedoch große Veränderungen der Vorlage, damit ein Film oder eine Serie funktioniert. Dies ist für mich absolut gar kein Problem, denn anders würden sich diese Projekte nicht bewerkstelligen lassen. Aber diese Serie hat mehr oder weniger keinerlei Bezug zur Vorlage, was für mich persönlich eine Frechheit und Respektlosigkeit der Vorlage gegenüber ist. Trotzdem wünsche ich mir, dass sich jeder die Serie selbst ansieht und sich seine eigene Meinung bildet. Mit Sicherheit wird sie einigen von euch gefallen. Meine Meinung ist jedoch: NETFLIX, SETZEN 6! Das war nicht der Punisher!